Freitag, 12. September 2008

Feministische Argumente für Sarah Palin

Tammy Bruce ist Pro-Abtreibungs-Feministin - und verachtet die Demokraten wegen ihres "unerträglichen Sexismus" - Kommentar der anderen
Die Kandidatur der Gouverneurin von Alaska aus der Sicht einer Frauenrechtlerin, die den Schwangerschaftsabbruch befürwortet – und die Demokraten wegen ihres "unerträglichen Sexismus" verachtet. Aus DieStandard.at

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Angesichts des unverhohlenen Sexismus, der Hillary in den Vorwahlen entgegenschlug, war ich als Pro-Abtreibungs-Feministin nicht die einzige, die die Nachricht von der Nominierung Sarah Palins als republikanische Kandidatin für das Amt des US-Vizepräsidenten begeistert hat. Auf republikanischer Seite überbrückt sie das "Enthusiasmus-Gefälle" zwischen Konservativen und Unabhängigen; was sie Demokraten zu bieten hat, ist aber noch attraktiver: die Chance, eine Frau zu wählen, die für sich selbst steht und für eine Partei, mit deren Postionen wir zwar nicht in allen Fragen übereinstimmen, die die Frauen aber zumindest soweit respektiert, dass sie sie ernst nehmen.

Egal ob wir nun ein R, D oder I (für unabhängig) hinter unserem Namen tragen, gemeinsam ist uns allen eine Lebenserfahrung, die sich von jener der Männer unterscheidet und die bei jeder Wahl, die wir treffen, und bei jeder Entscheidung, vor der wir stehen, zum Tragen kommt. Eine Frau im Weißen Haus zu haben, macht deutlich, wessen Stunde geschlagen hat. Ungeachtet der Tatsache, dass einige demokratische Parteiführer anders entschieden haben. Aber nach der Palin-Nominierung begreifen sie vielleicht, dass es auf sie nicht mehr ankommt.

Insbesondere für Clinton-Wählerinnen ist Palins Nominierung ein politischer Weckruf, mit dem sie nie gerechnet haben. Nachdem sie mitansehen mussten, wie ihre Kandidatin und deren Prinzipien von genau den Leuten verraten wurden, die sich als Bannerträger für Gleichstellung und Fairness gerieren, schauen sie nun auf die andere Seite der Straße und sehen dort eine Frau, die all das verkörpert, für das die Frauenbewegung seit jeher gestanden ist: Frauen können eine Familie haben und Karriere machen. Wir können unser Leben so gestalten, wie wir wollen. Für die einen mag das bedeuten, Elche zu jagen, für andere einen Film zu drehen oder eine Laufbahn als Lehrerin einzuschlagen. Wie unterschiedlich unsere Neigungen auch sein mögen, wir werden uns für das System entscheiden, das uns ermöglicht, jeweils die für uns beste Wahl zu treffen. So einfach ist das.

Die Grabenkämpfe um die Clinton-Kandidatur während der Vorwahlen haben einmal mehr deutlich gemacht, wie frauenfeindlich diese Partei geworden ist. Die Medien haben die Angriffe lanciert, die Obama-Kamapagne hat sie fortgesetzt. Wegbereiterin Geraldine Ferraro, die (in den 80er Jahren) als erste Demokratin für das Amt des Vizepräsidenten kandidierte, war so empört über die Attacken, dass sie Obama einen "abscheulichen Sexisten" nannte und Parteichef Howard Dean für sein auffallendes Schweigen zu den sexistischen Angriffen offen kritisierte.

Mit Besorgnis registrierten Feministinnen etwa, als Obama, von anderen kleineren Sticheleien abgesehen, einmal sagte: "Ich verstehe, das Sen. Clinton regelmäßig, wenn es ihr schlecht geht, Attacken reitet, um ihre Anziehungskraft aufzupolieren." Und der demokratische Delegierte Steve Cohen verglich Hillary in einem TV-Interview mit einer Filmfigur (Glenn Close in "Fatal Attraction"), die aus verschmähter Liebe zum Stalker wird. Derartige Verhaltensweisen und andere Untergriffe - wie Obamas jüngste "Lipstick"-Schweinerei – sind typisch für die demokratische Führungsriege und vermittelten der Basis und den Medien die Botschaft, dass "Freunde vor Schlampen" kommen, um ein populäres Obama-Fan-T-Shirt zu zitieren.

Diese chauvinistische Attitude wurde von der herablassenden Haltung am Parteitag der Demokraten fast noch übertroffen. Die Obama-Getreuen machten deutlich, dass Super-Special-Frauen-Nacht wohl genügen müsste, die glühende Unterstützung für die Frau in den Griff zu kriegen, die ihren Kontrahenten bei den WählerInnenstimmen fast eingeholt und bei den Delegierten hart auf den Fersen war. Es gab jede Menge Appelle und Lippenbekenntnisse für Frauenrechte, und Abende lang wurden Geschichten ausgebreitet über Frauen, die man um ihre Träume betrogen oder denen man die Beförderung verweigert hatte, nur weil sie Frauen waren. Clintons "18 Millionen Risse in der gläsernen Decke", wurden zwar immer wieder erwähnt, man wuderte sich nur zunehmend, wie viele Sprünge es denn noch braucht, um die Decke endlich einzureißen.

Sehr bald nach der republikanischen Ankündigung für Palin, fragten sich ExpertInnen auf beiden Seiten, ob nun wohl die Clinton-UnterstützerInnen – insbesondere Abtreibungsbefürworterinnen und Schwule, auf das Palin-Ticket umsteigen würden. Die Antwort lautet: keine Frage. Die demokratische Partei hat sich von einer Frauenförderungs- in eine Frauen-Entrechtungsfraktion verwandelt. Und aus diesem Grund ist Sarah Palin auch eine ernste Bedrohung für die die gängige linke Behauptung der kulturellen und sozialen Überlegenheit. Warum? Weil sowohl Frauen wie Männer plötzlich überlegen, republikanisch zu wählen, denen das davor nie eingefallen wäre.

Palins Kandidatur bringt sowohl symbolisch als auch realiter eine Wende für den Feminismus. Die simple Möglichkeit, Dinge plötzlich nicht mehr nur in dem linken Raster zu sehen, der über Generationen für sich in Anspruch nahm, dass man nur Linken in wichtigen Frauenfragen vertrauen könne, ist eine Art politischer Atomexplosion. Dass Frauen plötzlich bereit sind, nach rechts zu schauen, wird nicht nur diese Wahlpolitik verändern sondern immer mehr Fauen in Lichtgeschwindigkeit in Machtpositionen bringen.

Es sollte niemenden überraschen, dass die Antwort der Demokraten auf Palins- Nominierung darin bestand, sofort die linke Trumpf-Karte zu spielen, die Demokrtaten bei der Stange hält - die Abtreibungs-Karte, indem die Partei besorgten Feministinnen täglich erkärt, dass die Gegenseite den Mutterleib in Beschlag nehmen möchte. Und das kommt ausgerechnet von einer Partei, die der Welt eben vor Augen geführt hat, das Menschen mit Eierstöcken für sie nicht zählen. Ja, sowohl Palin als auch McCain sind gegen Abtreibung, aber keiner von beiden hat diese Überzeugung je zum Leitmotiv ihrer Politik gemach . Menschen werden Politiker, weil sie ein Anliegen haben. Das Anliegen von McCain heißt Reform. In ihrer Amtszeit als Gouverneur war Palins nicht darauf fokussiert, Schwulen auf die Zehen zu treten sondern korrupten Beamten, und auch nicht darauf, den Schwangershaftsabbruch zu illegalisieren sondern die Verschwendung öffentlicher Gelder.

Und noch eins: Am Tag der Bekanntgabe ihrer Nominierung dankte Palin Clinton und Ferraro, dafür, dass sie eine Wegbereiterin war. Tags darauf reagierte Ferraro entsetzt auf diesen Kommentar. Ist doch seltsam: Keiner ihrer Genossen hat ihr seit ihrer historsichen Kandidatur vor 24 Jahren gedankt. Ferrero hat es seither abgelehnt, bekannzugeben, wen sie wählt. Nun sehen auch viele andere, dass es in der Tat eine Frau braucht – und die wird eine Republikanerin namens Sarah Palin sein. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.9. 2008)


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ZUR PERSON

Tammy Bruce, Buchautorin und Rundfunkjournaliistin, war Präsidentin der National Organisation für Women und zeitlebens als Wählerin der Demokraten registriert – bis Februar 2008 ...

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