Dienstag, 28. Juli 2009

Mord an Natalja Estemirowa

Mord an Natalja Estemirowa
Sharon Adler

Nach Anna Politkowskaja, Anastasia Barburowa, Stanislaw Markelow, Alexander Litvinenko und unzähligen weiteren Menschen wurde am 15.07.2009 die für ihr Engagement mehrfach ausgezeichnete ...


... Menschenrechtlerin und Journalistin Natalja Estemirowa brutal ermordet.

Die frühere Journalistin und Kollegin von Anna Politkowskaja arbeitete für die Menschenrechtsorganisation "Memorial" in Grosny, Tschetschenien. Ihre Leiche wurde einige Stunden nach ihrer Entführung in der benachbarten Republik Inguschetien in einem Waldstück nahe der Stadt Nasran gefunden, nachdem Estemirowa am Morgen in der tschetschenischen Hauptstadt verschleppt worden war.

Genau wie die Journalistin und Schriftstellerin Anna Politkowskaja war auch Natalja Estemirowa für ihre kritische Berichterstattung bekannt. So schrieb auch sie regelmäßig für die Moskauer Oppositionszeitung "Nowaja Gasjeta". Auch die Morde folgen einem Muster: Überfall und Entführung vor der Wohnung und Hinrichtung durch mehrere Kopfschüsse.

Natalja Estemirowa war den Machthabern unbequem. Seit dem zweiten Tschetschenienkrieg 1999 bis zum Zeitpunkt ihres Todes hatte die Tochter russisch-tschetschenischer Eltern Recherchen über Hinrichtungen im Tschetschenienkrieg betrieben, hatte Menschenrechtsverletzungen wie Entführungen, Folter und Morde in der nordkaukasischen Republik öffentlich angeprangert, AugenzeugInnenberichte gesammelt und den kremltreuen tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow für diese Übergriffe verantwortlich gemacht. Der wiederum hat Putins Unterstützung, so die Menschenrechtlerin Ljudmila Alexejewa auf der Pressekonferenz, zu der die Moskauer KollegInnen Natalja Estemirowas am Tag nach der Ermordung aufgerufen hatten.

Die ehemalige Lehrerin Natalja Estemirowa, die als alleinerziehende Witwe mit ihrer fünfzehnjährigen Tochter in Grosny lebte, wurde für ihr unerschrockenes Engagement in 2007 mit dem ersten Anna-Politkowskaja-Preis, mit der Robert-Schumann-Medaille des Europaparlaments und einer Auszeichnung des schwedischen Parlaments geehrt.

Der Mord an Natalja Estemirowa darf nicht ungestraft bleiben. Der russische Präsident Dimitri Medwedjew hat während seines Deutschlandaufenthaltes in Gegenwart von Angela Merkel die Aufklärung des Verbrechens beteuert. Wir werden beobachten, ob dieses Versprechen eingehalten wird. Die Morde an den Journalistinnen Anna Politkowskaja und Anastasia Barburowa, dem Anwalt Stanislaw Markelow und vielen weiteren Menschenrechtsaktivistinnen sind jedenfalls bis heute nicht aufgeklärt worden.

An dieser Stelle veröffentlicht AVIVA-Berlin eine Auswahl von Stimmen zum Tod von Natalja Estemirowa:

"Das ist ein politischer Mord.
Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen und Freunden von Natalja Estemirowa.
Wir drücken unsere Solidarität mit den Kollegen von Natalja Estemirova und fordern von der russischen Regierung eine klare Stellungnahme zu diesen Morden in Russland.
Wir fordern, dass im Rahmen des diesjährigen Petersburger Dialogs umgehend eine spezielle Konferenz zum Thema "Morde an Menschenrechtlern in Russland" durchgeführt wird." (MEMORIAL Deutschland e.V.)

"Wir bewundern den außergewöhnlichen Mut dieser Menschenrechtsaktivistin und früheren Journalistin. Wir fordern die russischen Behörden auf, gegen die alltägliche Gewalt, unter der die Bevölkerung im Nordkaukasus leidet, aktiv zu werden." (Reporter ohne Grenzen, ROG)

"Amnesty International verurteilt die Ermordung von Natalia Estemirowa, einer führenden Menschenrechtsverteidigerin im Nordkaukasus auf das Schärfste. Die Organisation trauert um eine langjährige enge Freundin und Verbündete. Amnesty International fordert ein Ende der Straflosigkeit für Morde an Menschenrechtsverteidigern, Journalisten und Anwälten in Russland." (Amnesty International)

"Die Forderung nach Aufklärung ist notwendig, aber der Glaube daran sinkt. Dass auch der russische Präsident sie erhoben hat, nützt wenig. Derlei Worte gab es auch früher schon. Die Politik der russischen Behörden spricht eine andere Sprache." (Marieluise Beck MdB, Bündnis 90/Die Grünen)

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem "nicht hinnehmbaren Ereignis".

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