Julia Witt: 1. Liebe Jana, Du bist die graphische Hand hinter unserer wunderbaren Einladungen,
was ist für Dich das Beste am Feinkost-Salon?
Jana Jablonski: Das Beste an den Feinkostsalons ist für mich, immer wieder auf Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen zu treffen, die ich sonst vermutlich nie getroffen hätte. Es gibt immer gute, befruchtende Gespräche, tolle Impulse für meine Arbeit, ich erfahre viel Neues, lerne jedes Mal dazu und bekomme durch die individuelle Vorstellung der einzelnen Frauen sehr persönliche Einblicke in andere Arbeitswelten und Lebenswege. Diese Vorbilder machen Mut für eigene Entscheidungen. Hinzu kommt, dass natürlich auch Kontakte entstehen, die sich z.T. freundschaftlich aber auch zu Geschäftsbeziehungen entwickeln.
2. Du selbst bist Unternehmerin und mehr als Vollzeitberufstätig, was ist Dein privater Tipp, alles, wie man so schön sagt, zu vereinbaren, Beruf und Familie....
Ich habe keinen wirklichen Tipp. Ich habe vieles ausprobiert, manches beibehalten, anderes verworfen. Wichtig ist vielleicht, dass man akzeptiert, dass es nie eine „perfekte Lösung“ gibt.
Eine gute und überlegte Organisation des Alltags, an der alle beteiligt sind, ist für mich Grundvoraussetzung, um sinnvoll planen zu können. Ich habe lernen müssen, Hilfe auch anzunehmen, als etwas Normales anzusehen, nicht alles allein stemmen zu müssen, die hohen Anforderungen an mich herunterzuschrauben. Ich habe erleben dürfen, dass ohne mich nicht alles zusammenbricht, beruflich und auch privat.
Prioritäten zu setzen und ohne schlechtes Gewissen (es gibt ja gute Gründe) nein sagen zu können sind, glaube ich, auch Kompetenzen, die entscheidend dazu beitragen, wie entspannt man die Fülle an Aufgaben bewältigen kann. Und letztlich muss man seine Erwartungen an sein Umfeld klar aussprechen und darüber verhandeln. Wenn niemand weiß, dass ich Unterstützung brauche, bekomme ich u.U. auch keine. Hin und wieder muss man sein „System“ von außen betrachten, um die Schwachstellen sehen zu können.
3. Um sich von der Komplexität der Aufgaben nicht erdrücken zu lassen, braucht jede ab und an einen Ruhepunkt, eine Auszeit. Wo kannst Du Dich entspannen oder aktiv Kraft tanken?
Am besten geht das für mich, je weiter weg ich mich von meiner Arbeit und meinem Lebensmittelpunkt entferne, grundsätzlich gern auf dem Wasser, am besten beim Segeln. Da pustet der Wind innerhalb kürzester Zeit so schön alles weg. Im Winter geht das auch gut beim Skifahren. Meine kleinen Oasen im Alltag sind mein Yoga bei den Wohlfühlern, Kuscheln mit meinen Kindern, hin und wieder richtig ausschlafen, spät frühstücken einen halben Tag im Liquidrom verbringen und danach tanzen gehen… Vor einiger Zeit habe ich mir außerdem fest vorgenommen, einen Tag in der Woche frei zu machen, mich nur um mich und meine brachliegenden Hobbys und Interessen zu kümmern. Das klappt natürlich nicht immer. Aber ich freue mich, wenn es ein oder zweimal im Monat funktioniert. Hin und wieder werden diese Auszeiten zu einem Kulturtag, an dem ich mit Freunden Berlin aus der Sicht eines Touristen bereise, mir Ausstellungen anschaue, Restaurantempfehlungen probiere oder einfach mit dem Fahrrad die Spree entlangfahre und alle Strandbars teste. Das wirkt - wie ein Kurzurlaub und Städtetrip (in der eigenen Stadt).
4. Als Berlinerin bist Du geboren und Du wohnst und arbeitest im Winsviertel, also knapp neben dem Kollwitzplatz, mit einem minimalen Arbeitsweg...
Was macht für Dich den Reiz Deines Kiezes aus und wo ist dein Lieblingsplatz?
Der Arbeitsweg ist in der Tat optimal. Kurz, um schnell zu Hause zu sein. Zu Fuß hat man dennoch ein paar Minuten für sich zwischen Arbeit und Familie, um kurz durchzuatmen, Eindrücke aufzunehmen. Das Winsviertel selbst ist für mich eigentlich wie ein modernes Dorf. Die Marie, der Park mittendrin ist ein bisschen wie der Dorfanger auf dem nur die alte Linde fehlt…Wenn ich im Kiez unterwegs bin, habe ich fast alles, was man im Alltag braucht: Supermarkt, Post, Cafés, kleine Läden für Schreibwaren, Schuhe, Kosmetik und Geschenke aller Art.
Lieblingsplätze habe ich mehrere – je nach Tageszeit variieren diese. Manchmal gönne ich mir den Luxus nachdem ich die Kinder in die Schule gebracht habe, mich vor der Arbeit in einen der beiden Coffeeshops in der Wörtherstraße zu setzen, leckeren Kaffee oder frische Säfte zu trinken, ausgiebig Zeitschriften zu lesen und nebenbei das illustre Publikum zu beobachten, das vor den Fenstern vorbeiflaniert. Mittags sitze ich gern bei suppencult in der Prenzlauer Allee, vor allem in der warmen Jahreszeit. Der Laden ist ein bisschen wie die Kiezkantine aller Selbstständigen, Arztpraxen und Bürogemeinschaften. Jede Woche gibt es neue leckere Suppen und die Auswahl ist groß genug, so dass man mit Vegetariern, Kindern, Allergikern und Steakessern unproblematisch gemeinsam essen kann. Man trifft fast immer Leute, die man kennt oder lernt durch den kleinen Laden Menschen sehr viel schneller kennen. Abends oder nachts bin ich am liebsten bei Jonny im sorsi & morsi (Häppchen und Schlückchen), da gibt es die beste Weinauswahl im Umkreis, große, grüne leckere Oliven aus Sizilien, die süchtig machen, Büffelmozzarella, der auf der Zunge zergeht und andere äußerst köstliche Häppchen. Manchmal ist es da inzwischen während der kalten Jahreszeit so voll, dass man nicht nur keinen Stehplatz mehr findet, sondern auch keine Luft zum atmen hat. Im Sommer, wenn die Tische auf dem Fußweg aufgebaut sind, ist es ein tolles Plätzchen zur Kiezbeobachtung mit italienischem Flair. Eine verlässliche Adresse für Nachtaktive ist für mich auch die Bar „zum Schmutzigen Hobby“.
5. Berlin wird kontrovers wahrgenommen, dynamisch - aber auch mit großen sozialen Problemen. Was wären die drei Dinge, die Du sofort in Angriff nehmen würdest als Chefin der Stadt?
Wenn ich so genau wüsste, welche drei Dinge am Wichtigsten und Sinnvollsten wären und am nachhaltigsten verändern, würde ich mich wahrscheinlich auf das Amt der Bürgermeisterin bewerben.
Vielleicht würde ich erst mal eine Umfrage machen bei allen Berlinern und Berlinerinnen, quartiersmäßig getrennt, um ein Stimmungsbild zu bekommen, wo tatsächlich der größte Bedarf für Hilfe und Veränderungen ist. Und ich würde die Öffentlichkeitsarbeit dahingehend verändern, dass allen Bewohnern bewusst ist, dass sie an den Veränderungsprozessen partizipieren können und sollen. Das ist sicher erst mal anstrengender und aufwendiger, erzeugt aber in der Folge mehr das Gefühl, nicht so hilflos ausgeliefert zu sein und Verantwortung für Erfolg und Rückschläge gemeinsam zu tragen.
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Donnerstag, 3. März 2011
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