Mittwoch, 17. März 2010

Die LINKE will feministisch sein.

»Nüchtern betrachtet ist viel zu tun«
Bei einer Tagung wurde an den Parteistrukturen gearbeitet
Welche Strukturen für Frauen braucht die LINKE? Diese Frage stand im Zentrum der Frauentagung der Partei, die am Wochenende in Bielefeld stattfand. Mit dabei war Ulrike Zerhau. Die Soziologin und Berufschullehrerin ist Bildungssekretärin bei ver.di. Nach 30 Jahren Mitgliedschaft in der SPD war sie ab 2004 in der WASG aktiv. Seit der Gründung der LINKEN ist sie stellvertretende Parteivorsitzende. Mit Ulrike Zerhau sprach Regina Stötzel.
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Foto: ND/Burkhard Lange

ND: Wann wird endlich eine Frau Fraktionsvorsitzende der LINKEN, an der Seite Gregor Gysi?
Zerhau: Das haben wir nicht besprochen, aber das möchte ich auch gern wissen.

Mit knapp 40 Prozent ihrer Mitglieder hat die LINKE den höchsten Frauenanteil unter den deutschen Parteien, und über 50 Prozent der gewählten Vorstände sind Frauen. Wo hapert es noch?
In unseren Eckpunkten steht, dass wir eine feministische Partei sein wollen. Aber wenn wir nüchtern eine Bestandsaufnahme vornehmen, sehen wir, dass viel zu tun ist. Der Anteil der Frauen in der Partei ist rückläufig, viele kritisieren, dass sie nicht genügend Raum finden, um Politik zu machen und ihre Interessen zu vertreten.

Wer hat sich mit welchen Zielen in Bielefeld getroffen?
Wir haben im letzten Jahr im Parteivorstand zwei Kommissionen eingerichtet. Die eine soll ein »Konzept zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit in der Partei DIE LINKE« erstellen. Das ist ein etwas sperriger Arbeitsbegriff. Aber ein Begriff wie »Frauenförderplan« macht Frauen zum Objekt des Gefördertseins, das Nachhilfe braucht. Wir möchten Ziele formulieren und verbindliche Maßnahmen festlegen, um die Situation von Frauen in der Partei zu verbessern. Bis zum Frauenplenum werden wir die Ergebnisse zusammenfassen.

Wann wird das stattfinden?
Das Frauenplenum fällt mit dem Bundesparteitag Mitte Mai zusammen. Bis zum Herbst möchten wir ein Konzept haben. Wir werden einen entsprechenden Antrag für den Bundesparteitag formulieren. Der bedarf zwar hinterher noch einer Bestätigung auf unserem Satzungsparteitag, aber wir möchten nicht, dass das Thema bis dahin schlummert.

Die zweite Frage, wie sollen und wollen sich Frauen in der Partei künftig mit Strukturen umgeben, hat viele Diskussionen verursacht. Da gibt noch eine Reihe offener Fragen. Wir haben derzeit die Bundesarbeitsgemeinschaft LISA, und es gibt z.B. die Vorstellung, diese weiterzuentwickeln.

Das bedeutet, LISA soll Entscheidungsbefugnisse erhalten?
So sind wir nicht herangegangen, wir haben nicht gesagt, das Gremium muss LISA sein. Aber LISA ist intensiv an der Diskussion beteiligt. Auch zum Thema Strukturen werden wir dem Frauenplenum und dann allen Frauen bundesweit unsere Vorschläge vorlegen. Auf dem Frauenkongress im Herbst soll ein konkreter Vorschlag zur Diskussion gestellt werden.

Welche Rolle spielte das Thema Doppelspitze bei der Tagung? Man muss wohl sagen, bei einer Doppelbesetzung haben Frauen größere Chancen auf die wichtigsten Ämter in der Partei.
Es geht doch darum: Die Partei muss nach außen vermitteln, dass Frauen und Männer wie in der Gesellschaft jeweils zur Hälfte darin vorkommen und arbeiten. Es geht darum, dass Frauen die Räume vorfinden, in denen sie tätig werden können, und es bedarf der Strukturen, die das erzwingen. Dazu gehört, dass die Führungsgremien quotiert sind. Es gab aber auch kritische Stimmen zu der Abstimmung. Viele Frauen fühlen sich damit, alles im Block abstimmen zu müssen, überfahren.

Fließen die Überlegungen zur Struktur der Partei auch in die gerade beginnende Programmdebatte der LINKEN ein?
Es gibt Schnittmengen, obwohl Strukturfragen nicht unbedingt Satzungsfragen sind. Aber schon bei der Frage, sprechen wir von einem »Gleichstellungsplan« oder nennen wir das anders, werden programmatische Differenzen deutlich. Ebenso bei der Frage, welche Rolle Männer in den Gremien spielen sollen.

Geplant war ursprünglich schon zum jetzigen Zeitpunkt eine öffentlichkeitswirksame Bundesfrauenkonferenz zum Auftakt des Wahlkampfes in Nordrhein-Westfalen. Warum wurde der Plan geändert?
Wir hatten zum einen noch Bedarf, eine solche Konferenz sorgfältiger vorzubereiten, zum anderen wollten die Frauen in NRW lieber eine andere Form der Unterstützung für ihren Wahlkampf. Sie wollen Unterstützung an den Ständen auf der Straße, und das haben wir respektiert.

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